Geglückter Umstieg von der Supermoto Prestigekategorie in den Strassenrennsport SMR
Die lange Wartezeit hat endlich ein Ende. Am 19. April wurde die offizielle Schweizermeisterschaft im Rundstrecken Racing mit dem Saisonauftakt in Valencia / Spanien eröffnet. Diese Saison starte ich der Kategorie Superbike 1000, die zusammen mit der Superstock 1000 im gleichen Feld um die besten Platzierungen kämpfen. Beide Klassen werden jedoch getrennt gewertet. Hierzu ist zu sagen, dass die Superstock 1000 grundsätzlich als „die schnellste“ Kategorie bekannt ist.
Meine Ungeduld eine Woche vor dem Rennen war unbeschreiblich. Ich konnte es kaum erwarten auf meine Yamaha R1 zu steigen und die ersten Runden zu drehen. Jedoch wurde ich bereits im ersten Training auf den harten Boden der Realität zurückgeholt. Nach 4 Runden klappte mir in einer schnellen Schikane das Vorderrad ein und ich flog auf dem direkten Weg ins Kies. Genervt ab mir selbst, sass ich nun auf meinem Motorrad, das auf den Transportanhänger der Bergungstruppe verladen wurde.
Nun hatten mein Vater Philippe und ich ca. 3 Stunden Zeit, um das Motorrad wieder herzurichten bis das erste Quali startete. Kurz vor Beginn der ersten Qualifikation zogen wir die letzten Schrauben an und ich hüpfte in mein Lederkombi. Ich konnte den Sturz relativ schnell aus meinem Kopf verbannen, da ich genau wusste, wieso ich gestürzt bin. Die Sturzanalyse half mir, in der Quali wieder von Beginn weg an mein Limit zu gehen und aus dem Vollen zu schöpfen. Natürlich waren einige kleine Vorderradrutscher dabei, aber ich liess mich nicht aus der Bahn bringen und managte zum Ende einen 2. Platz nach Hause. Soviel zum ersten Tag.
Der zweite Tag begann mit einem weiteren Freitraining, bevor es kurz vor dem Mittag in die zweite Qualifikation ging. (Der Startplatz wird dann durch die beste Zeit in beiden Qualifikationen bestimmt). Irgendwie musste ich jedoch feststellen, dass der „harmlose“ Sturz vom Vortag doch einige Spuren hinterlassen hat. Als ich auf dem Boden rutschte, wollte ich noch in der Rutschphase wieder aufstehen, was sich dann zu einer nicht soooo guten Idee entwickelte. Ich schlug mit dem Kopf im Kies auf und stauchte mir leicht den Nacken. Dies schränkte meinen Drehwinkel des Kopfes etwas ein. Trotzdem stand das zweite Quali an und ich musste meine Schmerzen so gut wie möglich ausblenden. Leider brachte ich keine wirklich gute Runde zustande und wurde auf den 6. Platz zurückgespült. Für das erste Rennen hiess es also, vom 10. Startplatz aus zu starten, da vor mir noch 4 Superstock-Fahrer platziert waren.
Zum Glück war das erste Rennen bereits am Nachmittag und ich hatte nicht viel Zeit, um mir grosse Gedanken über den möglichen Rennverlauf zu machen. Für mich war ja alles Neuland. Ich trainierte noch nie zuvor einen stehenden Start mit meiner R1, was mich etwas beunruhigte. Ich dachte nur: „ja mal schauen, wenn die Ampel ausgeht werde ich einfach losfahren so gut wie ich kann“. Und das tat ich dann auch. Ich erwischte einen Traumstart und schoss als 4. in die zweite Kurve. Ich war etwas überrascht, denn vor mir fuhren die drei schnellsten Fahrer der Schweizermeisterschaft Superstock. Ich fuhr also in meiner Kategorie an erster Stelle! Ich traute meinen Augen nicht, nun wollte ich einfach nur mein Bestes geben und das Tempo der vor mir liegenden Fahrer versuchen mitzugehen. In Runde 7 war ich dann fällig. Mein Verfolger überholte mich am Ende der Zielgerade in der Bremsphase. Ich hatte jedoch so ein Riesenspass am Fahren, dass es mir nicht viel ausmachte. Es motovierte mich nur noch mehr das Rennen einfach zu geniessen. Als ich aus der Box die Information bekam, dass ich einen relativ schönen Abstand zu meinen weiteren Verfolgern habe, schaukelte ich den 2. Platz ins Ziel. Die Freude war riesig und ich konnte es kaum fassen.
Resultat Rennen 1: Platz 2 Superbike, Platz 4 Superbike und Superstock (nicht relevant)
Am nächsten Tag stand der zweite Lauf an und ich fühlte mich so locker wie noch nie. Ich wusste was ich kann und dass der Start mein Weg zu einem weiteren Erfolgsresultat ist. Gesagt, getan. Ich erwischte einen weiteren Traumstart und konnte mich wieder an dieselbe Position wie im ersten Rennen setzen. Nun wollte ich mir den Sieg aber nicht mehr nehmen lassen. Dieser Traum schien eine kurze Zeit beinahe zu platzen, als ich beim Überrunden vor der Zielgeraden eingeklemmt wurde und mein ganzer Schwung weg war. Mein Verfolger zeigte mir beim Anbremsen in die erste Kurve kurz das Vorderrad. Ich habe jedoch die Bremse noch einmal gelöst um den gesamten Speed in die erste Kurve mitzunehmen. Durch diesen Vorfall verkrampfte ich mich und ich verlor etwas meine Lockerheit. 15 Runden lang fuhr mein Verfolger nicht mehr als eine halbe Sekunde hinter mir und er liess sich einfach nicht abschütteln. Ich wusste jedoch, wohin ich wollte. Ich wollte zuoberst aufs Treppchen und das lasse ich mir auch nicht nehmen. Mit einem Vorsprung von 0,3 Sekunden überquerte ich die Ziellinie. Es war geschafft. Der erste Saisonsieg war da. Ich bin sprachlos, dankbar, überwältigt, überrascht und einfach nur glücklich.
Resultat Rennen 2: Platz 1 Superbike, Platz 3 Superbike und Superstock (nicht relevant)
Nun haben wir 4 Wochen Pause, bevor ich als Meisterschaftsführender in der Klasse Superbike 1000 meinen Traum in Dijon weiterleben darf. Ziel dieser Saison ist und bleibt Platz 5 in der Jahreswertung. Mir ist bewusst, dass ich mich in der Saison auch einmal mit einem 6. oder 7. Platz zufriedengeben muss und das ist auch gut so. Wir haben diese Saison ein sehr hartes Feld und es wird sicherlich nicht einfach, einen zweiten Saisonsieg einzufahren.
Zurzeit bin ich aber einfach nur dankbar und glücklich wie die ersten beiden Rennen verliefen.
Bis zum nächsten Mal
Yves Lindegger #552